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Der ehemalige Steinbruch in Uthweiler

Ein Riesenloch in Handarbeit

von Werner Dahm

 

Der Steinabbau im 19. Jahrhundert    Die Basaltwerke Meys betrieben den Steinbruch

Die Ausstattung des Steinbruch         Die Arbeit im Steinbruch

Da geht man nichtsahnend ohne bestimmte Absicht sonntags spazieren und steht plötzlich vor einem riesengroßen Loch. Nicht, daß man nicht gewußt hätte, daß es da mal einen Steinbruch gegeben hat. Gab es die nicht bei fast jedem Dorf hier in der Gegend? Wir standen da jetzt auf der Rotter Hardt im Pleistal und sahen in Richtung Uthweiler dieses Riesenloch. Wie wir später erfuhren, ist das Steinbruchareal mehr als 40 Morgen groß. Im Winter, wenn das Laub von den Bäumen ist, sieht man das ganze Ausmaß am besten. Und diese riesigen Steinmassen müssen hier von Menschenhand herausgeholt worden sein. denn der Bruch ist bis kurz nach der Jahrhundertwende betrieben worden. Da gab es keine Raupenlader und Bagger. Hier war Handarbeit angesagt. Nur das Pleistalbähnchen gab es schon. und das besorgte den Transport der Steine. Wenn man sich dann fragt, wie mag das damals zugegangen sein, dann hat man schon den Zipfel in der Hand. Und den läßt man erst wieder los, wen man sich ein Bild davon machen kann.

 

Der Steinabbau im 19. Jahrhundert

Die erste lnformation über Steinbrüchein Uthweiler stammt aus dem Jahre 1868. Der Bürgermeister von Oberpleis fertigte damals auf Veranlassung der königlichen Regierung eine Übersicht über Bergwerks- und Hüttenbetriebe in seiner Gemeinde an. Die Übersicht umfaßt

16 Basaltsteinbrüche
1 Bachofensteinbruch in Sonnenberg
1 Quarzbruch auf der Rostinger Heide
3 Tongruben, eine in Uthweiler, zwei in Weiler

Die Landbevölkerung nutzte offenbar neben der bäuerlichen Tätigkeit die zusätzliche Verdienstmöglichkeit durch Abbau der örtlichen Bodenschätze. Zu den Steinbrüchen und Tongruben kam der Braunkohleabbau bei Freckwinkel und Wahlfeld.

Zurück zu den Basaltbrüchen. Für Uthweiler werden zwei Steinbrüche genannt:

Basaltbruch Uthweiler, Besitzer Michael Bellinghausen

Basaltbruch Uthweiler, Besitzer Michael Lichtenberg

Die Brüche liegen am östlichen Pleistalhang zwischen Uthweiler und Freckwinkel. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen die Basaltbrüche Niederscheuren end Niederbuchholz. Es sind vier Arbeiter je Bruch angegeben, die Basalt-Kurzschlag, eine Art Schotter, herstellten. Der Wert der Produktion voll Kurzschlag war pro Arbeiter nur halb so hoch wie der Wert der Produktion von Pflastersteinen. Daraus kann man schließen, daß der hier abgebaute Basaltstein minderwertig war. Aus geeignetem Basalt machte man lieber die wertvolleren Pflastersteine, zum Beispiel in den Steinbrüchen von Willmerodt oder von Bennert und Wiese (heute Thomasberg).

Es ist mündlich überliefert, daß später auch in Uthweiler Pflastersteine geschlagen wurden, hauptsächlich Kleinpflaster, sogenannte Möppchen. Den dazu geeigneten Stein fand man in Uthweiler, je tiefer man in die Erde kam. An der tiefsten Stelle des Hauptbruches, wo sich heute ein kleiner See befindet, sollen sogar Basaltsäulen gestanden haben.

 

Die Basaltwerke Meys betrieben den Steinbruch

Einige ältere Einwohner von Uthweiler, Frechwinkel, Niederscheuren und Rott erinnern sich noch daran, dass ihre Väter oder Onkel im Uthweiler Steinbruch arbeiteten. Betreiber des Steinbruchs war die Firma Meys. Im Jahre 1900 kaufte der Holzhändler und Steinbruchbesitzer Franz Meys aus Birlinghoven das Steinbruchgelände in Uthweiler. Er starb bereits 1907 im Alter von 64 Jahren. Im Jahre 1909 gründeten seine Witwe und sein zehn Jahre jüngerer Bruder Josef Meys die Basaltwerke Franz Meys, Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Gegenstand des Unternehmens war insbesondere der Fortbetrieb der beiden in Uthweiler beziehungsweise am Hühnerberg gelegenen, zur Nachlassenschaft des Steinbruchbesitzers Franz Meys gehörigen Steinbrüche. Hauptgesellsehafter wurde Josef Meys, der schon 1881 in Hennef die Josef Meys Maschinenfabrik gegründet hatte.

Die dem Gesellschaftsvertrag beigefügte Bilanz zeigt deutlich, daß hauptsächlich der Uthweiler Steinbruch betrieben wurde, der Steinbruch Hühnerberg dagegen nur in geringem Maße. Das änderte sich später. Die Arbeit im Uthweiler Steinbruch wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg eingestellt und nicht wieder aufgenommen. Dagegen wurde der Steinbruch Hühnerberg-Nonnenberg länger betrieben. Im Jahre 1913 beantragte Josef Meys den Bau einer mehr als einen Kilometer langen Bremsbergbahn für Hühnerberg-Nonnenberg. Auch der Uthweiler Steinbruchaufseher Heinrich Assenmacher aus Niederscheuren wurde dort bis zu seiner Rente 1927 als Bruchmeister weiter beschäftigt.

Was aber geschah mit dem stillgelegten Steinbruch in Uthweiler? Die Basaltwerke Meys behielten das Steinareal noch bis 1929. Dann wurde das Gelände an die Basaltwerke Gewerkschaft Albert verkauft. Die nahmen den Bruch auch nicht wieder in Betrieb, sondern verkauften ihn 1934 an den Landwirt und Baumschulisten Peter Jonas aus Freckwinkel. Der neue Besitzer und seine Geschwister hatten früher selbst noch im Steinbruch gearbeitet. Nach dem Kauf forsteten sie das Gelände hauptsächlich mit Akazien und Wildkirschen auf, die sich bis heute zu einem prächtigen Wald entwickelt haben.

 

Die Ausstattung des Steinbruch

Auffälligster Überrest des Steinbruchinventars ist der Steinbrecher, dessen mächtiger aus Ziegelsteinen gemauerter Unterbau heute noch nahezu unversehrt vorhanden ist. Der Strom für den Betrieb des Brechermechanismus soll von Hennef-Rott gekommen sein. Das hat seinen Grund darin, daß Hennef wegen seiner Fabriken schon sehr früh, nämlich bereits im Jahre 1908, elektrischen Strom erhalten hat. Das Pleistal dagegen wurde erst in den Zwanziger Jahre elektrifiziert.

Der Brecher war nicht lange in Betrieb. nur in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Der Brechermechanismus, der oben auf dem Brecherturm saß, wurde später abmontiert und in dem bereits erwähnten Steinbruch Hühnerberg-Nonnenberg weiterverwendet.

Außer dem Brecher gab es zwei Bremsbahnen. Solche Bremsbahnen hatten zwei parallel laufende Schienenstränge, auf denen Loren rollten. Die Loren waren so über ein Stahlseil verbunden, daß die vollen zu Tal fahrenden Loren die schon entleerten durch ihr Gewicht wieder hochzogen. Um den erheblichen Gewichtsunterschied zwischen vollen und leeren Loren auszugleichen, gab es einen Bremsapparat. Damit wurde die Ablaufgeschwindigkeit des Seils mechanisch reguliert, indem das Seil um mehrere Rollen lief. Der Bremsapparat wurde ganz in Eisen konstruiert und in die Erde eingemauert, in sogenannte Bremskeller.

In Uthweiler gab es also zwei solcher Bremsbahnen, deren Verlauf im Gelände heute noch deutlich zu erkennen ist. Die ältere führte vom Plateau vor dem eigentlichen Steinbruch zur Verladestation am Pleistalbähnchen. Anfangs wurden die gebrochenen Steine auf dem Plateau direkt vor dem Steinbruch zu Kleinschlag weiterverarbeitet. Hier arbeiteten die Schrottklöpper, die von Hand mit ihren speziellen Hämmern Basaltschotter herstellten. Der Hammerstiel war aus jungem grünen Kirschbaumholz und in der Mitte noch verjüngt, damit er besser federte. Hier befand sich auch die Schmiede, in der Werkzeuge und Maschinen in Ordnung gehalten wurden.

Ebenso kamen auf dem Plateau die Steine aus einem 300 Meter nordwestlich gelegenen Nebenbruch an. Dieser Nebenbruch lag in gleicher Höhe am Hang.

Die Loren wurde von einem Esel auf dem fast eben verlaufenden sogenannten Eselsweg hierher gezogen. Nachdem der Brecher die Arbeit der Steinklöpper teilweise übernommen hatte, wurden die Loren mit den Steinen aus dem Steinbruch über das Plateau ge­schoben und von oben in den tiefer stehenden Brecher gekippt. Der fertige Schotter wurde dann über die zweite Bremsbahn den Hang hinunter zur Verladestation befördert. Die Stahlseile der Bremsbahn wurden später als Absperrseile zur Sicherung der Steilwände des Steinbruchs benutzt. Auch eine Stahlrolle aus dem Bremsapparat hat sich erhalten als Gartenwälzchen eines Freckwinkeler Bürgers.

Im Steinbruch selbst sind noch die Reste eines Göpels vorhanden. Dieser soll auch von dem bereits erwähnten Esel in Bewegung versetzt worden sein. Dabei mußte der am Göpelbaum angeschirrte Esel im Kreis laufen. Das Göpelwerk wiederum trieb eine Winde an, die mit Steinen beladene Loren aus dem tiefliegenden Teil des Bruches über eine Rampe heraufzog. Da das Fertigungsprogramm der Maschinenfabrik Josef Meys auch Göpelwerke umfaßte, kann die Maschine von dort stammen.

Von der 1893 in Betrieb genommenen Pleistalbahn führte ein eigenes Anschlußgleis zur Steinverladestation. Hier kamen die Loren mit dem Basaltgestein aus dem Steinbruch auf einer Hochrampe an. Parallel dazu standen etwas tiefer die Eisenbahnwaggons der Pleistalbahn, so daß man die Ladung einfach umschütten konnte. An der Verladestation stand ein aus Schwemmsteinen massiv gemauertes Bürogebäude mit zwei Räumen. Dieses Gebäude wurde nach der Einstellung des Steinbruchbetriebs noch als kleines Wohnhaus benutzt, bis es 1934 abgerissen wurde.

Am Rande des Steinbruchgeländes gibt es ein Phänomen. Es ist die stark gewellte Bodenoberfläche am Hang unterhalb des Bruches. Wer glaubt, es handele sich um Abraumhalden, täuscht sich. Es handelt sich uni „et Jerütschte“ (das Gerutschte). Der weiter oben am Hang aufgeschüttete Abraum drückte so auf den verhältnismäßig weichen Untergrund. daß der Boden darunter talwärts herausquoll. Der jetzige Besitzer erklärt den Vorgang folgendermaßen: „Dat es, als wenn de met der Hand op ene Pudding drücks“.

 

Die Arbeit im Steinbruch

Im Jahre 1909 forderte der Minister für Handel und Gewerbe in Berlin die Bürgermeister auf, dafür zu sorgen, daß die im Freien beschäftigten Steinhauer, Schrottschläger, Kleinschläger, Klarschläger und Pflasterkipper (Pflastersteinschläger) gegen die Unbilden der Witterung zu schützen sind. In Uthweiler soll es zum Aufenthalt für die Arbeiter eine Bude bei der Schmiede und einen Raum im Bürogebäude gegeben haben. Ansonsten ist überliefert, daß man sich bei Regen einen Sack umhing. Dabei drückte man einen Zipfel am geschlossenen Ende des Sackes so nach innen, daß man den Sack als Umhang mit Kapuze tragen konnte. Um die Knie gebundene Säcke verwendeten die Schrottklöpper als Knieschoner. Schließlich benutzte man auch einen Sack, um in der nahegelegenen Gaststätte Reuter ein paar Flaschen Schnaps zu holen.

Desweiteren schrieb der Minister für die am meisten gefährdeten Arbeiter, nämlich für diejenigen, welche bei der Steingewinnung beschäftigt waren, eine Höchstarbeit von 10 Stunden vor. Das kann nur bedeuten, dass bis dahin längere Arbeitszeiten üblich waren. Die Steinklöpper, die die Steine ja ,,nur“ weiterverarbeiteten, konnten durchaus länger arbeiten. Für die Steinklöpper war Akkordarbeit üblich.

Daß die Arbeit im Steinbruch sehr gefährlich war, zeigt ein tödlicher Unfall im Uthweiler Steinbruch. Am 28. Februar 1894 wurde der Steinbrucharbeiter Heinrich Jonas aus Freckwinkel durch Steinschlag so schwer verletzt, daß er auf dem Transport ins Krankenhaus starb. Es ist überliefert, daß der Schwerverletzte mit einem Pferdefuhrwerk ins Krankenhaus nach Bonn transportiert werden sollte. Beim Übersetzen über den Rhein soll er auf der Fähre gestorben sein. Er hinterließ eine Frau mit sieben Kindern .

Einen wahren Sturm der Entrüstung erzeugte der Minister durch das Verbot der Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern. Dazu nimmt der Landrat wie folgt Stellung: ,,In vielen Gegenden ist die Steinindustrie die einzige, welche überhaupt Arbeits- und Verdienstgelegenheit bietet. Bei vorherrschend kleinen landwirtschaftlichen Betrieben bildet der Arbeitsverdienst auch der jugendlichen Arbeiter einen wesentlichen Faktor und der Ausfall, wie ihn das ausnahmsweise Durchführen der fraglichen Vorschrift bedingt, würde als drückend empfunden werden. Die Wirkung der Vorschrift wäre hier nur, daß die jugendlichen Arbeiter in noch größerem Maße als Handlanger und Pflasterer oder Maurer ins Industrierevier abziehen.“

Dem schloß sich auch der Bürgermeister von Oberpleis an: ,,… Beim Transport von Gestein und Abraum wurden jugendliche Arbeiter in den hier gelegenen Steinbruchbetrieben nicht beschäftigt. Dagegen wohl bei der Anfertigung von Pflastersteinen und Basaltkleinschlag. Ich halte diese Arbeit, welche draußen unter Schutzvorrichtungen ausgeführt wird, für viel unbedenklicher für jugendliche Arbeiter als deren Beschäftigung in geschlossenen Fabrikräumen. Die Steinbruchindustrie ist die einzige Industrie meines Verwaltungsbezirkes. Wird den jugendlichen Arbeitern die Aufnahme in den Steinbrüchen unmöglich ge­macht, so wird der Nachwuchs der hiesigen Bevölkerung noch viel mehr als bisher zum Abwandern gezwungen. Für die davon betroffenen Gemeinden würde eine derartige Maßnahme die allerbedenklichsten Folgen haben.

All diese Bemühungen hatten keinen Erfolg. Der Minister blieb hart und empfahl schließlich 1910 zur Herstellung von Kleinschlag maschinelle Einrichtungen zu verwenden. Vermutlich wurde zu dieser Zeit im Steinbruch Uthweiler der mechanische Steinbrecher aufgebaut.

Als die Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten im Uthweiler Steinbruch zu Ende gingen, boten die Fabriken in Hennef und Troisdorf und vor allem die Siegburger Großbetriebe zunehmend neue Arbeitsmöglichkeiten.